Aus der Isolation vorgestellt: Annette Jonak

Aus der Isolation vorgestellt: Annette Jonak

„So viel Wissen über unser Nichtwissen und über den Zwang, unter Unsicherheit handeln und leben zu müssen, gab es noch nie“ — so Jürgen Habermas in einem Interview im April 2020. Das Management des Nichtwissens liegt seit Beginn der Corona-Krise vornehmlich in den Händen von Politikern und Epidemiologen, die tagtäglich Unsicherheiten bestätigen, Entscheidungen revidieren — stets auf Basis wankender wissenschaftlicher und rechtlicher Fakten. Ihnen wurde die Führung der Gesellschaft in der Krise stillschweigend übertragen, umso wichtiger, dass die Instanzen gesellschaftlicher Selbstreflexion, zu denen im Grundgesetz sehr exponiert die Kunst gezählt wird, ihre Handlungsfähigkeit nicht verlieren.

Der Fokus allerdings liegt vorerst in der Erhaltung des „Systems“, es stellt sich schnell für viele Künstler und Künstlerinnen heraus, dass sie leider nicht als systemrelevant betrachtet werden. Kunst darf Pause machen. Ins Home Office gehen. Bei allen Beteuerungen, dass die Künste nicht vergessen werden, zeigt sich, dass Künstler keine Wirtschaftsunternehmen sind. Die Bedingungen sind meist prekär und in der Krise erstickend.

Es wird offensichtlich, dass die die Gesellschaft stützen sollenden Säulen der Kunst ganz am Rand angesiedelt sind.

Kunst lebt vom Diskurs, der Öffentlichkeit. Ist diese durch Infektionsschutzmaßnahmen eingeschränkt, vermögen manche KünstlerInnen die Kunstproduktion noch zu verlagern. Um „mit Fragen und Zweifeln, mit Fantasie und Experimentierfreude, mit Widerspruch und Provokation den öffentlichen Diskurs [zu] beleben und die Demokratie vor lähmender politischer Lethargie, wie auch vor totalitären Anwandlungen [zu] schützen“ (Monika Grütters im Mai 2020 im Tagesspiegel), fehlt allerdings neben den öffentlichen Orten auch die Absicherung der Künstler als Basis ihrer Produktion.

Vita

* 1976 in Frankfurt / Main
Studium Dokumentarfotografie bei Jörg Sasse und Gisela Bullacher
Abschluß mit Auszeichnung an der Folkwang Hochschule 2008
Seit 2010 Lehrauftrag Fotografie an der Hochschule Rhein-Waal
Wohnt und arbeitet seit 2011 in Wuppertal.

Teilnahme an zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen:
u.a. Bornholmer Kulturtage, Dänemark, „Photofestival Athen“, Benaki Museum Athen, Griechenland, Lehmbruckmuseum Duisburg, Kunstverein Det Ny Kastet, Thisted, Dänemark, Kunstmuseum Bochum, Wiesbadener Fototage, Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, Reykjavik Fotofestival, Island, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund, Duisburger Akzente, Darmstädter Tage der Fotografie, Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, Triennale di Milano, Italien, Kunsthalle Recklinghausen, Sächsisches Industriemuseum Chemnitz, Kunstbunker Tumulka, München, Oldenburger Kunstverein

Seit 2003 Mitglied von Theorie und Praxis e.V., einem Zusammenschluß von Künstlern, Theoretikern und Theaterschaffenden

Förderpreise der Emschergenossenschaft 2008 und 2013, Künstlerresidenz Hanstholm, Jütland 2013, nominiert für den Kunstpreis Junger Westen 2009, Anerkennung der Jury beim „Riccardo Pezza European Photography Prize“ 2010, ausgewählt für die  „PLAT(T)FORM 09“, Fotomuseum Winterthur, Schweiz, Epson Art-Photo-Award, Auszeichnung „Beste Einzelkünstler“, Art-Cologne 2008, Reisestipendium Süd/Südosteuropa 2006

Voyager: Expedition in bekanntes Terrain

Mit der Gewohnheit, sich als Fotografin ständig neue Orte, Plätze und Räume anzueigenen und zu interpretieren, erscheinen die eigenen privaten vier Wände limitiert. Verglichen zur Welt draussen, ausserhalb der nur noch sehr selten verlassenen Wohnung, werde ich immer wieder auf die gleichen Dinge zurückgeworfen. Meine Reise führt mich nicht in neues, unbekanntes Terrain, sondern dreht sich im Kreis. Doch die Objekte verändern sich mit den Gedanken, mit denen ich mich durch die Wohnung bewege. Dazwischen tauchen Dinge auf, die Teil der aktuellen Arbeitssituation sind und besetzen ihren visuellen Platz im Bild. Kaum eine Ecke in die sich nicht Kinderspielzeug drängt, Teil des Bildes und Teil einer Reise wird, die von der Entdeckung vertrauter Umgebung in einer surrealen Zeit zeugt.

Die Expedition wird ein Experiment der Transformation des Alltäglichen, bei dem schließlich das Unbekannte das Vertraute verdrängt.

April 2020

weiteres künstlerisches Schaffen

mehr unter: www.annettejonak.de