Aus der Isolation vorgestellt: Saman Hamidian

Aus der Isolation vorgestellt: Saman Hamidian

In meinem eigenen Leben machte die Corona Krise sich zum ersten Mal dadurch bemerkbar, dass ich meinen Job verlor. So kam zu der gesellschaftlichen Unsicherheit bei mir die finanzielle Sorge noch hinzu.Wie bei vielen hat die Krise auch bei mir offengelegt, dass selbst in einer Wohlstandgesellschaft wie Deutschland die Angst vor der Armut bereits nach dem Ausbleiben weniger Monatsgehälter vor der Tür steht. Während innerhalb der deutschen Gesellschaft viele solidarische Innitiativen entstanden, wurden Themen, die auch unsere Aufmerksamkeit verdienen, schlichtweg vergessen- In anderen Worten: Die Solidarität hatte keinen völkerverbindenen Charakter, sondern war von nationalem Egoismus geprägt.

Eigentlich wünschte man sich, dass die Schäden, die durch menschliches Handeln (besonders in den Industrienationen) entstehen, medial genauso breit thematisiert würden wie Krisen, die durch die Natur hervorgerufen werden. Es wäre zu hoffen, dass wir infolge der Coronakrise mehr Sensibilität für unser eigenes Handeln und dessen globale Konsequenzen entwickeln, wie auch wir plötzlich von einer Unsicherheit betroffen waren, die normalerweise die – global gesehen – Anderen betrifft.

Vita

Saman Hamidian ist im Jahr 1990 in Esfahan(Iran) geboren und dort aufgewachsen.

Er hat die Studiengänge Maschinenbau und Industriedesign an der Najafabad Azad Universität und an der
Esfahan Art Universität mit dem Bachelor abgeschlossen.

Mit 27 Jahren ist er nach Deutschland ausgewandert und studiert seit dem Wintersemester 2019 das Fach Kunst und Kommunikation im Master an der Univesität Osnabrück.

خون

„Auch du hast Blut an den Händen kleben“

– so lautet ein oft geäußerter Satz. Er soll bekunden, dass jede und jeder im Laufe des Lebens moralische Schuld auf sich lädt, dass es mithin unmöglich ist, schuldfrei zu leben. Gerade in unserer heutigen, global verbundenen Zeit ist dieses Problem eminent aktuell. Und der Lebensstil der Menschen im globalen Norden trägt erheblich bei zu der Armut und schlechten Lebensverhältnissen im globalen Süden. Oder um es plakativ zu formulieren: Damit wir T-Shirts im Sonderangebot kaufen und Smartphones mit uns herumtragen können, müssen andere leiden.

Auch beim Thema der Flucht spielt diese Dynamik eine Rolle. Nicht zuletzt sind die Waffen in den Kriegen, vor denen Menschen fliehen, allzu häufig von westlichen Rüstungsunternehmen hergestellt. Ein weiteres Phänomen besteht darin, dass wir – die Bewohner*innen der westlichen Welt im 21. Jhd. – nicht mehr wegsehen können, wenn Gräuel geschehen, an denen wir aus der Ferne beteiligt sind. In Echtzeit beliefern uns die verschiedenen Medienkanäle mit Bildern oder Videos von ihnen. Wir können nicht behaupten, wir hätten nichts mitbekommen. Nein, wir haben sie gesehen, die Bilder – sie wurden nur von uns verdrängt.
Und worin besteht die Reaktion? Falls sie überhaupt erfolgt, so erschöpft sie sich im Versenden eines Emojis.

Um dieser Verdrängung entgegenzuwirken, projiziert das Werk خون (phonetisch: [Xu:n], übersetzt: Blut) mittels project mapping über den Bildschirm fallende Blutsymbole auf die Silhouetten der Rezipienten. Diese werden über eine Kamera vor der Installation erfasst. Bei den Symbolen handelt es sich um Emojis – ihrerseits wiederum ein Symbol für globale Vernetzung. So sieht jeder Rezipient der Installation plastisch vor sich, dass auch an ihr, dass auch an ihm Blut klebt, dass seine oder ihre Privilegien eine Spur hinterlassen.

weiteres künstlerisches Schaffen