Jonasz Stern. Landschaft nach der Vernichtung

Jonasz Stern. Landschaft nach der Vernichtung

Die polnische Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts wurde vom Leben und Werk Jonas Sterns geprägt. Vor dem Krieg war Stern Mitglied der Krakauer Gruppe und im Jahr 1957 gründete er zusammen mit Maria Jarema und Tadeusz Kantor die Krakauer Gruppe II. Beide Künstlervereinigungen waren für Polen existentiell. Die Vorkriegsgruppe experimentiert mit künstlerischen Formen und Stilen, vertrat linke Positionen. Die meisten Mitglieder gehörten zur CPP (Polnische kommunistische Partei). Jonas Stern wurde als Kommunist vom polnischen Staat als politischer Gefangener Mitte der 1930er-Jahre im Lager Bereza Kartuska interniert.

 

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges floh Stern aus Krakau nach Lemberg. Seine Kunstwerke ließ er im Studio zurück. Keines überdauerte den Krieg. Jonasz Stern kam nach der Besetzung Lembergs durch die Deutschen – als Pole jüdischer Herkunft – ins Ghetto. Am 1. Juni 1943 sollte er in einer Massenerschießung ermordet werden. Es gelang ihm, den Kugeln zu entgehen. Er kroch in der Nacht aus dem Leichenberg heraus und entkam so seiner Hinrichtung.

 

Die dramatischen Kriegserfahrungen prägten sein Denken und seine Kunst. Es lag allerdings kein Schatten des Hasses oder Bitterkeit auf ihm. Er war ein Philosoph des Lebens, der Vergänglichkeit und Würde. In seinem Assemblagen vereinte er mit einfachen Symbole die Dramen des Lebens und des Todes: zerknittertes Tuch, Skelette von Tieren und Fischen, Sand, Steine, Netze und – vor allem – Fotografien. Diese modernen Gemälde sind völlig frei von Pathos. Er schuf eine Welt von abstrakten Landschaften aus den vernichteten Resten der Welt.

 

Kein Ausdruck der Verzweiflung nach dem Verlorenen, viel mehr ein Appell an die Lebenden einer wachsamen Menschheit. Seine Kunstwerke versinnbildlichen nach der Zerstörung der Landschaft des Humanen, eine Wiedergeburt der Werte durch die Hoffnung und Ästhetik.

Wir, das Museum für Gegenwartskunst in Krakau und das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen zeigen gemeinsam die erste Einzelausstellung von Jonasz Stern in Deutschland, im Land seiner vermeintlichen Mörder. Nach der Ausstellung in Solingen im August 2016, 25 Jahre nach Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Nachbarschaftsvertrags, wird die Ausstellung im Jahr 2017 in Krakau zu sehen sein.

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