Zofia Posmysz. Auschwitz und Literatur

Zofia Posmysz. Auschwitz und Literatur

Literarische Bilder des Holocaust. Die Passagierin von Zopfia Posmysz

Die Ausstellung ist Teil von „WENN DAS ECHO IHRER STIMMEN VERHALLT …“, dem Rahmenprogramm zur Oper Die Passagierin, Musiktheater im Revier Gelsenkirchen.

 

Die Ausstellung stellt das durch die Haft im Konzentrationslager Auschwitz geprägte Leben und literarische Werk von Zofia Posmysz vor. Präsentiert wird ihr schriftstellerisches Oeuvre und kursorisch dessen Rezeption. Im Zentrum steht ihr bekannteste Werk – der Roman Pasażerka [Die Passagierin] (1962) und dessen zahlreiche Adaptionen, wie die legendäre Verfilmung von Andrzej Munk aus dem Jahr 1963. Der polnischstämmige Jude Mieczysław Weinberg komponierte 1968 in der Sowjetunion aus dem Roman Pasażerka eine Oper, die erst 2006 aufgeführt werden konnte und inzwischen weltweit Erfolge feiert. Ab dem 28. 1. 2017 ist die Oper in einer Neuinszenierung am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen zu sehen.

 

Nach dem Krieg arbeitete Zofia Posmysz als Korrektorin bei der Zeitung „Głos Ludu”, verfasst Texte und Reportagen, war lange in der Redaktion des Polnischen Rundfunks tätig. Posmysz schrieb Hörspiele im Radio, Drehbücher für Filme und Sendungen von „Teatr TV“. Wichtigste Aufgabe ihres literarischen Werkes war und ist, Zeugnis vom Holocaust abzulegen. In den Jahren 1942-1945 war sie im KZ Auschwitz-Birkenau inhaftiert. Zweimal dem Tode nahe, konnte sie auf der Krankenstation des Lagers gerettet werden. Sie arbeitete in der Küche und im Lebensmittellager als Schreiberin, überlebte den Todesmarsch nach Ravensbrück und verbrachte die letzten Kriegsmonate im Lager Neustadt-Glewe. Nach der Befreiung am 2. Mai 1945 beschloss sie, nach Polen zurückzukehren.

 

Die Ausstellung setzt den Fokus auf diejenigen Werke von Zofia Posmysz, die sich mit dem Konzentrationslager und den Auswirkungen der Haft befassen: der Roman Pasażerka (1962), durch den sie bekannt wurde, das nach dem Muster von Ritterromanen verfasste Werk Wakacje nad Adriatykiem (1970) [Ein Urlaub an der Adria] sowie die Erzählungen Ten sam doktor M. (1981) [Derselbe Doktor M.] und Chrystus oświęcimski (2008) [Christus von Auschwitz].

 

Drei Jahre vor dem Roman Pasażerka, im Jahr 1959, verarbeitete sie ein persönliches Erlebnis in dem Hörspiel Pasażerka z kabiny 45. Während eines Aufenthalts in Paris hörte Zofia Posmysz in einer Touristenmenge eine Stimme, die sie an die Stimme ihrer KZ-Aufseherin Anneliese Franz erinnerte. Die Erinnerung wühlte die verdrängte Vergangenheit wieder auf und Posmysz stellte sich die Fragen nach einem möglichen Treffen zwischen Opfer und Täterin. Der Regisseur Andrzej Munk bewegte Zofia Posmysz dazu, direkt nach der Romanfassung auch ein Drehbuch zu schreiben. Die Handlung des Films Pasażerka spielt auf einem Schiff, das von Europa nach Südamerika fährt. Die KZ-Erfahrung wird, damals fast ein Sakrileg, aus der Perspektive der ehemaligen deutschen Lageraufseherin geschildert. Der Regisseurs Munk starb auf dem Weg zu den Dreharbeiten im Lager Auschwitz-Birkenau bei einem Verkehrsunfall, dennoch wurde der Film 1963 von einem Team unter Leitung von Witold Lesiewicz zum größten Teil fertiggestellt und hatte auf dem Filmfestival in Cannes seine Premiere. Jean-Luc Godard sagte, dies sei der „beste Film über den Krieg, der jemals gedreht wurde, weil er fragil und unfertig geblieben ist.” In der Ausstellung werden historische Originalfotos des Filmes gezeigt.

 

Die Ausstellung zeigt Pasażerka als starke Stimme in der Frage nach den Ursprüngen des Bösen und betont die Kraft der über die unterschiedlichen Medien erzählten Geschichte. Sie ermöglicht, Wandlungen im Schaffen der Autorin nachzuverfolgen, die im Laufe der Jahre zum realistischen Erzählstil der Kriegszeit zurückkehrt.

 

Komplettiert wird die Ausstellung durch Ausschnitte eines 2016 durch Maria Anna Potocka (Direktorin des MOCAK) geführten Interviews mit dem Titel Aufseherin Franz, in dem Zofia Posmysz über ihre Zeit im KZ Auschwitz berichtet. Nach Wilhelm Brasse. Fotograf. 3444. Auschwitz 1940–1944 ist dieser Film ein weiteres Projekt des MOCAK Museums für Gegenwartskunst in Krakau, das die Zeitzeugenschaft der Überlebenden dokumentiert. Die Premiere findet am 26. Januar 2017 im Musiktheater in Gelsenkirchen statt.

 

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für verfolgte Künste Solingen, dem MOCAK Museum für Gegenwartskunst Krakau, dem Polnischen Institut Düsseldorf und der Internationalen Jugendbegegnungstätte in Oświęcim/Auschwitz.